Die Geschichte der DMG
Die Deutsche Myasthenie Gesellschaft e.V. (DMG) wurde am 18.04.1986 in Göppingen gegründet. Gründungsmitglieder waren Marianne und Günther Wöhrle, Ingeborg und Hermann Carle, Waltraud und Bernd Maier sowie Herr Rechtsanwalt Walter und Prof. Dr. Friedrich Schumm. Vier dieser Gründungsmitglieder waren selbst Myasthenie-Betroffene. Der Eintrag in das Vereinsregister fand in Ettlingen statt, ebenso die anfänglichen Jahre der Aufbauarbeit. Vorsitzender der Gesellschaft wurde für die ersten sieben Jahre Dr. Günther Wöhrle aus Ettlingen. Vorsitzender des Ärztlichen Beirates wurde Prof. Dr. Friedrich Schumm aus Göppingen. Im Dezember 1986 kam es in Karlsruhe-Rüppurr zu einem ersten regionalen Treffen mit etwa 25 MG-Patienten.
Im April 1987, d. h. ein Jahr nach Gründung des Vereins, erschien das erste Heft der inzwischen sehr bekannten und renommierten Mitglieder-Zeitschrift „DMG-AKTUELL“. Kurz danach, im Juni 1987, erfolgte die erste Mitglieder-Versammlung der Deutschen Myasthenie Gesellschaft, ebenfalls in Karlsruhe. Noch vor der Gründung der Mitgliederzeitschrift durch Günther Wöhrle erarbeitete dieser 1986 die ersten Infoschriften, Merkblätter, Notfallausweise und Poster zur Information für Myasthenie-Patienten. Der Erfolg der Aufklärungs- und Pressearbeit war überwältigend: Die Mitgliederzahl stieg nach einem Jahr auf knapp 300, nach zwei Jahren auf über 600 Mitglieder. Aktuell (Stand April 2022) verfügt die DMG über 3400 Mitglieder.
Aus der Anfangszeit sind besonders Teresa Lindner, langjährige zweite Vorsitzende, die sich besonders für das Sammeln von Spendengeldern eingesetzt hat, sowie Herr und Frau Carle, der ehemalige Schatzmeister und seine unermüdliche Frau, hervorzuheben. Ebenso alle am Aufbau und Leben der DMG engagierten Menschen, Leiter und Mitglieder der entstehenden bundesweiten Regionalgruppen, die alle ehrenamtlich tätig waren und noch bis heute sind.
Die DMG wurde im Laufe der Zeit Mitglied bei der Bundesarbeitsgemeinschaft BAG-Selbsthilfe, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und verschiedenen Landesgruppen. Wegen des großen Anstiegs an Post, Anfragen, Organisation von Gruppentreffen u. a. bezog die Deutsche Myasthenie Gesellschaft ihr erstes kleines Büro in der Frankenstraße in Ettlingen. Der stetige erfolgreiche Aufbau der Selbsthilfeorganisation wurde immer wieder mit Veranstaltungen und Spenden-Sammlungen vorangebracht. Dabei ging es aber von Beginn an auch darum, Myasthenie-Betroffene in anderen Ländern zu unterstützen. 1989/90 kam es zu ersten Kontakten zwischen dem Ehepaar Wöhrle mit Patienten und Ärzten der damaligen DDR. Man traf sich persönlich zunächst in Ost-Berlin und Erfurt. So wurde der Grundstein für erste Treffen von MG-Erkrankten und für die Bildung von ersten Regionalgruppen in Ost-Berlin, Erfurt, Leipzig/Halle, Magdeburg und Greifswald gelegt. Am 02.12.1989 kam es nach Öffnung der Mauer zu ersten Treffen von Patienten aus West- und Ost-Berlin. Günther Wöhrle entwarf und verschickte im September 1990 ein spezielles „DMG–Aktuell-Heft – das “DDR-Spezial” an die uns bekannten MG-Patienten der DDR. Das erste Treffen der Regionalgruppe “Thüringen” unter Leitung von Frau Dr. Baganz und Frau Karla Willkommen sowie mit Herrn Oberarzt Dr. Siegfried Endler fand 1990 in Erfurt statt.
Im März 1992 erfolgte der Umzug des kleinen Büros von Ettlingen in die Stephanienstraße nach Karlsruhe. Hier hatte die Deutsche Myasthenie Gesellschaft zum ersten Mal eine nahezu komplett eingerichtete Geschäftsstelle mit zwei Räumen. Zum 01. März 1994 verlegte die DMG ihre Geschäftsstelle von Karlsruhe nach Bremen, wo sie bis heute ansässig ist.
Am 1. April 1992 übernahm Dr. Klaus Kinkel, damaliger Justizminister, auf Anfrage von Günther Wöhrle offiziell die Schirmherrschaft über die DMG und wurde auf einem Presseempfang in Karlsruhe den Mitgliedern und Medien vorgestellt. Hierbei wurde ein weiterer wichtiger Schritt zur Bekanntmachung der seltenen Erkrankung gemacht.
Als Nachfolgerin von Dr. Günther Wöhrle wurde 1993 in Thüringen Rosemarie Amann aus Delmenhorst als neue Vorsitzende gewählt.
Die gewählten Vorsitzenden seit Gründung der DMG waren:
1986 – 1993 Dr. Günther Wöhrle,
1993 – 2003 Rosemarie Amann,
2003 – 2007 Helmuth Wildförster,
2007 – 2009 Hans Hermann Bay.
Seit 2009 bis zu seinem Tode 2021 führte dieses Amt Hans Rohn aus.
Auf der Mitgliederversammlung am 7. Mai 2022 wurde Claudia Schlemminger zur Vorsitzenden gewählt.
2005 wurde die Internet-Seite der DMG neu gestaltet und für jedermann barrierefrei zugänglich gemacht. Hier wurde ein weiterer wichtiger Schritt für Myasthenie-Betroffene und deren Angehörige ermöglicht.
2007 fand ein erneuter Umzug der Geschäftsstelle in größere Büro-Räumlichkeiten statt, in die Westerstraße 93.
Am 10. September 2009 wurde das erste Mal der Eberhard-Pfleiderer-Preis in Hamburg verliehen. Der Forschungspreis wurde von einem selbst betroffenen Mitglied gestiftet und durch die Deutsche Myasthenie Gesellschaft publiziert. Der Preis war anfangs mit 10.000 Euro dotiert, später auf 2500 Euro angepasst und wird seither alle 2 Jahre vergeben.
Die erste Preisträgerin war Dr. Juliane Müller aus England mit einer Forschungsarbeit zur molekulargenetischen und klinischen Charakterisierung von kongenitalen myasthenen Syndromen. Die zweite Preisträgerin war Dr. Anna Rostedt Punga aus Uppala / Schweden („Muscle-selektive disassembly of neuromuscular junctions in musk and autoimmune myasthenic mice correlates with musk levels“) . Ihr wurde der Preis in Bremen am 13. Mai 2011 während des 25-jährigen Jubliläums der DMG verliehen. Im Jahre 2013 ging der 3. Preistitel an Alexandra Pevzner („Anti-LRP4 autoantibodies in AchR and Musk-seronegative Myasthenia gravis”). Als erstem männlichen Preisträger wurde Dr. Siegfried Kohler aus Berlin der Preis 2016 verliehen. Er wurde für seine Forschungen zum Thema „IL-17-producing CD4 + T cells contribute to the loss of B-cell tolerance in experimental autoimmune myasthenia gravis” ausgezeichnet. Im Mai 2018 fand in Hofheim-Diedenbergen die Verleihung an Dr. Adela Della Marina aus Essen statt („Outcome after Robotic-Assisted Thymectomy in Children and Adolescents with Acetylcholine Receptor Antibody-Positive Juvenile Myasthenia Gravis“). Die vorerst letzte Preisträgerin ist Dr. Miriam Fichtner, die 2020 für ihre herausragende wissenschaftliche Arbeit: “Characterization of pathogenic monoclonal autoantibodies derived from muscle-specific kinase myasthenia gravis patients.” ausgezeichnet wurde. 2022 nahm Dr. Sarah Hoffmann (Charité Berlin) den Preis für ihre Arbeit „Complement deposition at the neuromuscular junction in seronegative myasthenia gravis“ auf dem DMG-Kongress entgegen.
Ab dem Jahre 2010 begann die Deutsche Myasthenie Gesellschaft mit der Zertifizierung von integrierten Myasthenie-Zentren (iMZ). Dies bedeutet, die Schaffung von „Myasthenie Spezialambulanzen“ nach erstellten Richtlinien speziell auf MG-Betroffene abgestimmte Kriterien mit Hilfe der BQS (Bundesqualitäts-Sicherung) zu zertifizieren. So wird langfristig die Behandlung von Betroffenen qualitativ kontinuierlich verbessert. Die Deutsche Myasthenie Gesellschaft ist dadurch die erste Selbsthilfeorganisation in Deutschland, die eine solche Zertifizierung selbst umgesetzt und realisiert hat, um die Behandlung ihrer Mitglieder und von MG-Betroffenen zu verbessern. Ebenfalls wurde im Jahr 2010 die DMG Mitglied bei der EuroMyasthenia, die am 22. Juli 2009 gegründet wurde. Die EuMGA ist eine Dachorganisation europäischer Selbsthilfegruppen, die von Myasthenia gravis, LEMS, kongenitalen Myasthenie-Syndromen und anderen Erkrankungen der neuromuskulären Überleitungen betroffen sind. Die Gründungsmitglieder sind Myasthenie-Gesellschaften aus Kroatien, Großbritannien, Rumänien, Italien und Dänemark.
Im Jahre 2013 wurden zwei weitere wichtige DMG-Projekte ins Leben gerufen:
Die Deutsche Myasthenie Gesellschaft erweiterte ihr Zertifizierungsverfahren und zertifiziert nun auch sog. „integrierte“ Myasthenie-Zentren. Hierbei handelt es sich um eine kooperative Form, d. h. hier arbeiten eine Klinik und ein niedergelassener Neurologe / Praxis eng und ergänzend bei der Diagnosestellung, Therapie und Behandlung von Myasthenie-Patienten zusammen. Als erstes kooperatives Myasthenie-Zentrum (k-iMZ) wurde die Neurologie der Asklepios Klinik Barmbek mit der Schwerpunktpraxis Neurologikum Hamburg zertifiziert.
2012 wurde mit dem Projekt der „Unerwünschten Nebenwirkungen von Medikamenten“ kurz „UAW-Projekt“ begonnen. Bei diesem 5-jährigen Projekt wurden die langfristigen unerwünschten Nebenwirkungen für Myasthenie-Patienten ermittelt. 2017 wurde die Patienten-Umfrage nochmals gestartet, um einen Vergleich der Mitgliedsdaten und Fragen im Bereich der Diagnosestellung und MG-Therapie erheben zu können.
2017 übernahm Antje Grotheer, Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, die Schirmherrschaft für die DMG.
Mit dem bisher wichtigsten und größten Projekt wurde 2018 begonnen: Ein bundesweites Myasthenie-Register. Die ersten Daten werden 2019 durch alle iMZ-Zentren eingegeben. Die dort auswertbaren Daten und Ergebnisse werden dabei helfen, die Routineversorgung zu standardisieren und somit die Versorgungssituation der Patienten, die an myasthenen Syndromen erkrankt sind, längerfristig zu verbessern.
Es bleibt interessant, wie sich die „Geschichte“ der DMG weiterentwickeln wird und welche Wege sich zukünftig auftun werden.
Wir danken allen Mitgliedern, ehrenamtlichen Mitarbeitern und Ärzten aus der zurückliegenden und auch jetzigen Zeit, die geholfen haben, die Deutsche Myasthenie Gesellschaft dort hinzuführen, wo sie heute steht.