Stellungnahme zum Lieferstopp der Injektionslösung von Pyridostigmin für die parenterale Anwendung
Momentan ist Pyridostigmin für die intravenöse Verabreichung nicht lieferbar, was vor allem für die Betreuung von Patienten in Krisenphasen aber auch perioperativ eine Herausforderung sein kann. Aus diesem Grund hat der Ärztliche Beirat der DMG im Schulterschluss mit der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) eine Stellungnahme verfasst und zeigt eine Alternative auf.
Stellungnahme der Kommission für neuromuskuläre Erkrankungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und des Ärztlichen Beirates der Deutschen Myasthenie Gesellschaft zum Lieferstopp der Injektionslösung von Pyridostigmin für die parenterale Anwendung (4. März 2024)
Intravenöses Pyridostigmin wird nicht mehr vertrieben, da die Produktion von intravenösem Pyridostigmin laut Angaben des Herstellers eingestellt wurde und keine Wiederaufnahme der Produktion geplant ist (Stand: 29.02.2024). Die intravenöse Pyridostigmin-Therapie hat in der Myasthenie-Therapie vor allem perioperativ und peripartal sowie zur Behandlung der schweren Exazerbation und myasthenen Krise einen wichtigen Stellenwert.
Die Kommission für neuromuskuläre Erkrankungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und der Ärztliche Beirat der Deutschen Myasthenie Gesellschaft verweisen auf die Möglichkeit der Anwendung von Neostigmin (Off-Label-Gebrauch), der derzeit einzig verfügbaren intravenösen Alternative in dieser Indikation.
Neostigmin kann sowohl als einmalige wie auch als Dauer-Infusion in entsprechender Dosierung verabreicht werden. Für die parenterale Therapie ist in der Fachinformation keine Tageshöchstdosis definiert. In der Regel sollten 8 – 12 mg/Tag nicht überschritten werden. Meist erfolgt die Gabe von 0,5 mg Neostigmin als Bolus mit einer nachfolgenden Perfusordosis-Laufrate von 0,15 – 0,3 mg/h, bis max. 0,5 mg/h (3,6 – 7,2 bzw. 12 mg). Als Faustregel kann für die Umstellung von einer oralen Pyridostigmin-Gabe auf eine i. v. Neostigmin-Gabe ein Faktor von ca. 80:1 angegeben werden. Zum Beispiel würde eine Tagesdosis von 320 mg Pyridostigmin (320 mg : 80 = 4 mg) einer stündlichen Perfusordosis-Laufrate von 0,167 mg/h Neostigmin (0,5 mg/ml pro Ampulle, Perfusor 50 ml gesamt: 5 ml = 2,5 mg Neostigmin + 45 ml NaCl 0,9% = 0,05 mg/ml) entsprechen. Im Vergleich zu Pyridostigmin i. v. wurde unter Neostigmin i. v. über vermehrte cholinerge Nebenwirkungen berichtet. Daher sollte die Anwendung ebenso wie bei Pyridostigmin i. v. nur unter Monitoring bzw. intensivmedizinischer Überwachung erfolgen.
Sofern eine Gabe über Ernährungssonde in Frage kommt, kann auch die als Saft zur Verfügung stehende Formulierung von Pyridostigimin (12 mg/ml) eingesetzt werden.
Der Ärztliche Beirat der Deutschen Myasthenie Gesellschaft e. V.