Scroll Top
Deutsche Myasthenie Gesellschaft e.V.

Rückblick der Jungen Myasthenie-Betroffenen

Bei unserem Sommertreffen am 02.06.2023 wurden wie immer zu Beginn die Neuigkeiten des Quartals vorgestellt: So gibt es jetzt ein kurzes Video über die Gruppe der Jungen Myasthenie-Betroffenen.

Film – Rund um die Gruppe “Junge Myastheniker”

Diesmal war es schwierig, ein*e Referent*in zu gewinnen. Daher habe ich als Assistenzärztin in der Neurologie und als selbst betroffenes Mitglied in unserer Gruppe einen interaktiven Vortrag zu Themen rund um das Leben mit der Myasthenia gravis vorbereitet.

Orientierend an meiner eigenen Krankheitsgeschichte und ganz groben medizinischen Eckpfeilern wie etwa Warnzeichen für einen notwendigen ärztlichen Besuch, Anerkennung der Schwerbehinderung und anderen Kernfragen wurde bald diskutiert: Wie lange dauerte es beispielsweise bei den übrigen Teilnehmenden bis zur Diagnosestellung? Hier schwankten die Zeiträume erheblich.

Großes Interesse entstand wie bereits beim vorherigen Treffen im Frühjahr bei den Möglichkeiten zur Hilfsmittelversorgung, um durch Krafteinsparung möglichst selbständig am Alltag teilzunehmen. Hierbei zeigte sich schnell, wie leicht es sich über die körperlichen Grenzen durch die Erkrankung reden lässt, sich aber in der Praxis doch noch teilweise Hürden auftun, diese stets und ständig zu akzeptieren.

Unsicherheiten wurden bei der Diskussion über die Anerkennung der Schwerbehinderung deutlich: Wann stellte man am besten den Antrag? Wie kommunizierte man mögliche Einschränkungen ggf. bei der Arbeit? Auch tauschten wir uns über Erfahrungen von Diskriminierung im Alltag aus. Wie könnte man im öffentlichen Leben für mehr Barrierefreiheit sorgen?

In einem weiteren Block ging es um die Kommunikation und Umgang mit den Reaktionen im persönlichen Umfeld. Mit einer chronischen Erkrankung wird beispielsweise die Frage „Wie geht es dir?“ komplexer. Genauso verändern sich Beziehungen zu anderen Menschen, erfordert es unter Umständen mehr Kompromissleistung und Rücksichtnahme der Angehörigen bei gemeinsamen Treffen oder der Familienplanung. Hier besteht großes Interesse an einer eigenen Veranstaltung.

Und schließlich erinnerten wir uns an die Patient:innenrolle: Wie könnte ein ärztlicher Besuch oder Rettungsstellenaufenthalt möglichst reibungslos funktionieren? Erfahrungen reichten von großem Unverständnis, sogar in Notfallsituationen über die Hürden der Bürokratie, um überhaupt einen Überweisungsschein zum Spezialzentrum zu erhalten, bis hin zu positiven Berichten über feste Ansprechpersonen. Auch sammelten wir kreative Ideen zur Verbesserung wie ein Notfallarmband oder einen zweiten Notfallausweis, was ggf. für sich selbst sprechen könnte und Stressfaktoren reduzierte.

Zum Abschluss stiegen wir kurz als junge Betroffene in die Hürden und Möglichkeiten der Anpassung im Ausbildungs-, Studierenden- und Arbeitsleben ein.

Damit endete der bis zum Schluss thematisch gefüllte Abend. Es war eine „myasthene Leistung“ von uns allen.

Julia Augustin

Auch ein Mensch

Es gibt Menschen und Menschen – zumindest für manche.

 

Für die einen sind es eben die, die alles können.

Die, die da sind.

Sichtbar.

Die keine Probleme bereiten.

Menschen, die im Leben stehen.

Menschen, die stark sind.

Gesund.

 

Und dann sind da die anderen.

Wir.

7,8 Millionen Menschen in Deutschland. (1)

Mit Schwerbehinderung…

Mit Behinderung…

Mit Einschränkung…

3,1 Millionen im erwerbsfähigen Alter.

90% durch eine chronische Erkrankung. (2)

Krank.

Haben Probleme.

Bereiten Probleme.

Erfordern: Rücksicht.

Sind somit kompliziert(er).

 

Aber…

Wir sind mehr als

Eine Behinderung…

Mehr auch als zwei, drei…

Mehr als eine Krankheit

Sind ganz einfach: Mensch.

 

Wir sind

Mensch mit Plänen.

Mensch mit Wünschen.

Mensch mit Bedürfnissen.

Mensch mit Träumen.

Die nicht immer wahr werden können.

Doch wir kämpfen.

Wir kämpfen für uns.

Kämpfen gegen Erkrankung.

Kämpfen für Teilhabe.

Kämpfen gegen Diskriminierung.

Kämpfen, kämpfen…

Denn wir sind gar nicht anders als

Mensch ohne…

Wir haben nur das Plus.

Ein bisschen Gepäck auf dem Rücken.

Ein paar Steine mehr auf dem Weg.

 

Manchmal stolpert man.

Manchmal glaubt man, man geht unter.

Aber diese Welt hat für uns alle Platz.

Denn wir sind:

Auch (nur) ein Mensch.

 

Julia Augustin

 

1  Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 22.06.2022: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/_inhalt.html

2  rehadat-Statistik Juni 2022 : https://www.rehadat-statistik.de/statistiken/behinderung/schwerbehindertenstatistik/